Kräftigung
Kräftigungsübungen bei chronischem RSI
Kräftigungsübungen sind bei chronischem RSI (ab ca. sechs Monaten) wichtig zum Wiederherstellen der ehemaligen Leistungsfähigkeit der Muskulatur. Zu früh oder zu übermäßig durchgeführt können sie aber auch kontraproduktiv wirken. Falls Sie durchgängig Beschwerden mit Ihren Armen haben, ist es definitiv noch zu früh! Nachdem Sie über mehrere Wochen die auf den vorangegangenen Seiten erklärten anderen Übungen gemacht haben, sollten sich Ihre Beschwerden - zumindest zeitweise - deutlich verbessert haben. Jetzt können Sie zusätzlich langsam anfangen Ihren Oberkörper zu kräftigen, denn starke Muskeln können die sich wiederholenden Belastungen besser verkraften.
Als Einstieg sollten Sie zweimal wöchentlich schwimmen; damit bauen Sie eine gute Grundlage auf und können am wenigsten falsch machen. Brustschwimmen sollten Sie aber möglichst vermeiden, da durch ein Hohlkreuz Nacken- und Rückenprobleme verstärkt werden können. Besser ist Rücken- oder Kraulschwimmen. Je nach Fitnesszustand können Sie 2-4 Wochen danach (zusätzlich) die hier aufgeführten Übungen alle zwei bis drei Tage machen (siehe Behandlungspläne). Die ersten beiden Wochen sollten Sie jedoch erst einmal ganz leicht anfangen und schauen, was Ihr Körper verträgt. Mit der Zeit wird Ihnen die eine oder andere Übung vielleicht zu leicht vorkommen, dann können Sie sie öfter wiederholen, die Haltezeit verlängern oder einen zweiten Durchgang anschließen.
Besonders die Übungen, bei denen ein Teil des Körpergewichts auf den Händen abgestützt werden muss, waren für mich in den ersten Monaten unvorstellbar. Machen Sie anfangs wirklich nur die Übungen, die Sie ohne Schmerzen ausführen können. Selbst nach über sechs Monaten mit den anderen Übungen konnte ich mein Körpergewicht bei Klimmzügen noch nicht halten. Fangen Sie vorsichtig an und nehmen Sie nach und nach mehr Übungen dazu. Die Versuchung ist leider sehr groß, nach dem Motto "viel hilft viel" zu trainieren. Eine einmalige Überlastung kann Sie aber um Wochen zurückwerfen, gehen Sie dieses Risiko nicht ein!
Kräftigungsübungen bei leichten Beschwerden
Menschen mit trainierter Muskulatur haben ein geringeres RSI-Risiko. Leichte Kräftigungsübungen sind nur eine minimale zusätzliche Belastung, man profitiert gleichzeitig aber von der erhöhten Ausdauerfähigkeit der Muskeln. Falls Ihre Schmerzen nur sehr gering sind und Sie sich in der vierten Phase befinden, sollten Sie mindestens die ersten zwei Wochen auf Kräftigungsübungen verzichten und sich zunächst auf Dehnübungen und die weiteren Maßnahmen beschränken. Erst wenn sich eine Besserung einstellt, sollten Sie mit den Kräftigungsübungen beginnen.
Risiken
Viele Menschen benutzen bei Belastungen nicht immer die dafür vorgesehenen Muskeln, sondern kompensieren (unbewusst) diese mit daran angrenzender Muskulatur. Je stärker die Muskeln trainiert sind, umso länger geht das gut und Sie haben keine Probleme. Insbesondere bei Doppelbelastungen durch Kompensationen versagen aber irgendwann die betroffenen Muskeln. In diesem Fall werden Sie auch durch Kräftigungsübungen nicht den Normalzustand wiederherstellen können; unter Umständen verschlimmern Sie damit sogar Ihre Situation! Betroffen sind häufig (aber keineswegs ausschließlich) Personen, die regelmäßig ins Fitnessstudio gehen und an Geräten mit zu viel Gewicht trainieren. Die richtige Technik bleibt dann schnell auf der Strecke.
Deshalb rate ich Ihnen dringend, sich die Übungen von dieser Seite auszudrucken und sie mit einer guten Physiotherapeutin zu besprechen. Die Physiotherapeutin wird Sie beim Ausführen der Übungen beobachten und kann eine Rückmeldung geben, ob Sie die richtigen Muskelpartien benutzen bzw. Ihre Ausführung gegebenenfalls korrigieren. Da kein Körper und nicht jedes Problem gleich ist, wird sie Ihnen
evtl.
zusätzlich oder ersatzweise weitere, spezielle Übungen zeigen können.
Ausführung
Wichtig ist, dass Sie die Übungen sauber ausführen. Halten Sie sich an die Anmerkungen und atmen Sie stets locker weiter. Falsch ausgeführt (meist eine Folge von zusätzlichen Gewichten), wirken sie kontraproduktiv. Sie tun sich damit nichts Gutes! Halten Sie immer Ihre Körperspannung und lassen Sie sich nicht hängen (z.B. den Oberkörper bei Liegestützen nicht bis ganz zum Boden bewegen). Ansonsten überlasten Sie nur Ihre Bänder und Sehnen, ohne einen Trainingseffekt für die Muskeln zu erreichen.
Muskelwachstum erfolgt nicht direkt bei der Belastung, sondern erst einige Zeit danach in der Ruhephase (Superkompensation). Jeder Muskel braucht unterschiedlich lange, sich vollständig zu regenerieren. Als Faustregel gilt: Mindestens 48 Stunden Erholung nach jedem Krafttraining.
Falls nicht anders angegeben, sind Übungen ohne Bewegung pro Seite ca. 15 Sekunden zu halten. Dynamische Übungen sollten Sie mindestens sieben Mal wiederholen. Ein Durchgang dauert mit kurzen Pausen zwischen den einzelnen Übungen 20 bis 30 Minuten.
Manche der abgebildeten Übungen können Sie mit einer Massagerolle kombinieren (siehe Triggerpunktmassage). Dann kräftigen Sie nicht nur Ihren Körper, sondern trainieren bzw. lockern gleichzeitig auch Ihre Faszien (Bindegewebe).
Rumpfkräftigung 1: In der Grundstellung knien Sie auf dem Boden und stützen sich mit beiden Händen ab. Knie-, Hüft- und Schultergelenk befinden sich jeweils in einem 90°-Winkel. Die Arme stehen schulterbreit auseinander. Halten Sie Ihren Kopf und Hals in Verlängerung der Wirbelsäule und blicken Sie nach unten. Heben Sie nun ein Bein und den gegenüberliegenden Arm an, so dass sie eine waagerechte Linie bilden. Halten Sie diese Position und wechseln Sie danach die Seiten.
Rumpfkräftigung 2 (1-2 Minuten): Legen Sie sich gestreckt auf den Rücken (Beine noch am Boden) und halten Sie Ihre Arme in U-Haltung (90°). Drücken Sie den gesamten Körper auf der Linie zwischen beiden Ellenbogen nach unten auf den Boden (an jedem Punkt mit gleicher Kraft). Halten Sie diese Position kurz. Versuchen Sie jetzt zusätzlich, die gesamte Wirbelsäule gleichmäßig gegen den Boden zu drücken. Halten Sie diese Position für 15-20 Sekunden. Heben Sie nun beide Beine nacheinander vom Boden und ziehen Sie sie bis zu einen 90° Winkel an. Schieben Sie sie so weit nach vorne, bis Sie Ihren Körper gerade noch an allen Punkten gegen den Boden drücken können (siehe Bild).
Bauch Crunches: Legen Sie sich rücklings auf den Boden, die Beine angewinkelt. Heben Sie den oberen Rücken leicht vom Boden ab und verweilen Sie in dieser Position einige Sekunden. Gehen Sie dann mit Ihrem Oberkörper wieder langsam in die Ausgangsposition zurück, ohne ihn jedoch komplett auf dem Boden abzulegen. Wiederholen Sie die Übung weitere sechs Mal. Je weiter Sie Ihre Hände in Richtung des Kopfes verschieben, desto schwieriger wird die Übung. Ziehen Sie aber keinesfalls mit den Händen am Kopf!
Um auch die schrägen Bauchmuskeln zu trainieren, können Sie einen weiteren Durchgang anschließen, bei dem Sie abwechselnd beim Anheben des oberen Rückens den rechten und linken Arm Richtung Himmel strecken (als ob Sie Äpfel von einem Baum pflücken möchten). Dabei geht der rechte Arm diagonal nach links oben, der linke nach rechts oben.
Fingerstrecker: Spreizen Sie Ihre Finger gegen den Widerstand eines Gummibandes nach außen.
Unterarm- und Handkräftigung: Ein Gyrotwister ist eine Handteller große Kugel mit integriertem Schwungrad, das durch kreisende Handbewegungen angetrieben wird. Trotz seines geringen Eigengewichtes kann ein Gyrotwister durch Kreiselkräfte ein gefühltes Gewicht von mehreren Kilogramm entwickeln. Je schneller man das Schwungrad antreibt, desto schwerer wird er. So flexibel wie ein ganzer Hantelsatz trainiert ein Gyrotwister alle Muskeln des Unterarms.
Klimmzüge: Richtige Klimmzüge sind außer zur Prävention kaum empfehlenswert. Sie können aber Ihre Belastung individuell reduzieren, indem Sie einen Großteil des Körpergewichts mit den Füßen abstützen.
Schulterkräftigung 1: Nehmen Sie je eine Getränkeflasche in beide Hände und kreisen Sie Ihre hängenden Arme langsam rückwärts.
Liegestütze: Wie Klimmzüge auch, sollten Liegestütze nur zur Prävention ausgeführt werden. Der Bereich der Brustwirbelsäule sollte dabei zu jeder Zeit der höchste Punkt sein. Lassen Sie Ihren Oberkörper nicht zwischen beiden Schultern nach unten hängen. Um die Belastung zu reduzieren, können Sie statt Ihrer Füße auch Ihre Knie auf den Boden setzen.
Rumpfkräftigung 3: Setzen Sie sich auf eine Bettkante und heben Sie Ihre Füße ein paar Zentimeter vom Boden. Achten Sie dabei auf einen geraden Rücken.
Schulterkräftigung 2: Heben Sie auf dem Bauch liegend Ihren Kopf leicht an, ohne im Nacken abzuknicken. Bewegen Sie Ihre Arme in folgenden drei Positionen jeweils langsam hoch und runter:
a) Arme am Körper liegend (Handrücken nach oben)
b) Arme zur Seite (Daumen nach oben). Maximieren Sie den Abstand zwischen beiden Händen, so dass Ihre Schulterblätter nicht zusammenrutschen.
c) Arme in U-Haltung (nach oben gerichtete Hände, siehe oberes Bild).
Unterarmstütz 1: Beine und Oberkörper bilden eine gerade Linie. Lassen Sie Ihren Oberkörper nicht hängen.
Unterarmstütz 2: Dieser Unterarmstütz ist die handgelenkschonende Alternative zu den Liegestützen. Beine und Oberkörper bilden eine gerade Linie. Lassen Sie Ihren Oberkörper nicht hängen.
Seitstütz: Beine und Oberkörper bilden eine gerade Linie. Lassen Sie Ihren Oberkörper nicht hängen. Der unbelastete Arm kann auch am Körper anliegen.